Ungerechtigkeit

Reinhold Duschka – 1991

 

Reinhold Duschka versteckte die jüdische Apothekerin Dr. Regina Hilde Kraus und ihre zehnjährige Tochter Lucia von Anfang 1939 bis April 1945 in seiner Werkstätte in der Mollardgasse 85 a, im 6. Bezirk Wiens und rettete damit ihr Leben.

Regina wurde am 14. Jänner 1902 in Polen geboren. Sie und ihr späterer Mann Rudi Kraus hatten 1927 den Wiener Reinhold Duschka in einer Jugendorganisation kennen gelernt und wurden Freunde. Nach ihrer Heirat wohnten Rudi und Regina in der Berggasse 29, im 9. Bezirk. Rudi war Ingenieur und arbeitete bei der Firma Siemens, Regina als Apothekerin in einem Krankenhaus. Am 25. September 1929 wurde ihre Tochter Lucia geboren.

1938 wurde Rudi von der Firma Siemens nach Persien geschickt. Regina und Lucia sollten nachkommen, aber inzwischen brach der Zweite Weltkrieg aus. Sie bekamen keine Transitpapiere mehr. Anfang 1939 beschlagnahmten Nazis ihre Wohnung. Regina und Lucia hatten keine Bleibe. Niemand zeigte sich bereit, ihnen zu helfen, um sie vor einer Deportation in ein Lager zu bewahren.

Regina wandte sich an ihren alten Freund Reinhold Duschka. Duschka wurde am 19. JJänner 1900 in Wien geboren. Er war ein Kunsthandwerker mit Kupfer, Messing und anderen Metallen, der Vasen und Schalen erzeugte. Er wohnte in Wien, Schwedtgasse 75. Seine Werkstätte befand sich n der Mollardgasse.

Duschka erklärte sich bereit Regina und Lucia Unterschlupf und Schutz vor Verfolgung und Deportation in seiner Werkstätte zu gewähren, obwohl er wusste, dass er sich dann in Todesgefahr begab. Er versorgte die beiden Versteckten mit Nahrung und Kleidung. „Mein Freund Rudi wollte euch retten, konnte es jedoch nicht. Ich muss daher die Verantwortung für eure Sicherheit und euer Leben übernehmen“ pflegte er zu sagen.

Lucia konnte keine Schule besuchen. Duschka beschaffte ihr jedoch Lehrbücher, mit denen ihre Mutter sie im Versteck unterrichten konnte. Wenn Kunden in die Werkstätte kamen, mussten Regina und Lucia sich in einem Nebenraum verstecken und ruhig bleiben. Duschka hasste die Nazis und verurteilte deren Ungerechtigkeit gegenüber dem jüdischen Volk.

Im Laufe der Zeit lernten Regina und Lucia, wie man Metalle für die Arbeit Duschkas vorbereitete und halfen ihm dabei. Mit dem verdienten Geld kaufte Duschka auf dem Schwarzmarkt Nahrungsmittel für Regina und Lucia.

1944 wurde die Werkstätte Duschkas von den Alliierten bombardiert und schwer beschädigt. Duschka brachte Regina und Lucia in ein kleines Sommerhaus nach Hütteldorf, wo er sie bis zum Kriegsende versteckt hielt. Bei seinen Nachbarn gab er sie als Verwandte aus Deutschland aus. Duschka handelte aus reiner Menschlichkeit, ohne eine Gegenleistung zu verlangen, obwohl er dauernd in Gefahr war, seine Tat mit seinem Leben zu bezahlen.

Regina konnte nach dem Krieg zu ihrer Arbeit als Apothekerin in das selbe Krankenhaus zurückkehren, in dem sie zuvor beschäftigt war. Sie starb in Wien am 7. Dezember 1987. Lucia konnte nach der Befreiung als einziges jüdisches Kind in der Klasse wieder in eine Schule gehen, maturierte, studierte, wurde Ärztin und heiratete einen Mann namens Heilman. Duschka baute seine bombardierte Werkstätte um und arbeitete in ihr bis zu seiner Pensionierung.

Aus dem Buch von Mosche Meisels: Die Gerechten Österreichs.