Rattengift

Karl Gröger – 1986 (posthum)

 

Karl Gröger war im Verein der sozialdemokratischen Mittelschüler tätig und studierte dann Medizin an der Wiener Universität.
Nach dem Anschluss im März 1938 floh Gröger nach Amsterdam, wo er sein Medizinstudium fortsetzte. Zwei Jahre später ereilte ihn auch dort das Schicksal. Als die Wehrmacht im Mai 1940 Holland überrannte, mußte Gröger zur deutschen Armee einrücken, wurde jedoch nach wenigen Monaten gezwungen, die deutsche Uniform auszuziehen, weil er als Vierteljude für „Wehrunwürdig“ erklärt wurde.

Gröger schloss sich der Widerstandsbewegung des Bildhauers Gerrit van den Veen an, arbeitete bei der Untergrundzeitung „Rattenkruit“ (Rattengift) und nahm in der Nacht auf den 28. März 1943 an dem Anschlag auf das Amsterdamer Zentralmeldeamt teil. Dieser Anschlag hat kein Menschenleben gekostet, aber wahrscheinlich tausenden holländischen Juden und anderen Staatsbürgern das Leben gerettet.

Karl Grögers Widerstandsgruppe drang als Polizeitruppe getarnt in das Gebäude ein, betäubte die Wachmannschaft, brachte sie in Sicherheit und explodierte eine geballte Ladung Sprengstoff. Tausende Karteikarten von Holländern, denen die Deportation ins KZ oder zur Zwangsarbeit drohte, wurden ein Raub der Flammen.

Gröger konnte zunächst in einem Bauernhof untertauchen, brachte aber die SS durch ein Telegramm („Alles in Ordnung“) an seine Freundin Truus van Essen auf seine Spur.

Die Gestapo verhaftete ihn und brachte ihn ins Amsterdamer Polizeigefängnis. Er wurde im Juli 1943 vom SS- und Polizeigericht in Den Haag zum Tode verurteilt. Ein Gnadengesuch wurde vom Reichsführer SS Heinrich Himmler abgelehnt. Gröger wurde kurz darauf von einem Kommando der Sonderpolizei in den Dünen von Amsterdam erschossen. Vor seiner Hinrichtung erklärte Gröger seinem Anwalt in der Gefängniszelle: „Ich hoffe, dass meine Taten später zu einem guten Verständnis zwischen Holland und Österreich führen werden. Vielleicht hat mein Leben so doch mehr genützt als wenn ich Arzt geworden wäre“.

Vor seiner Hinrichtung schrieb Gröger in einem Abschiedsbrief an seine Eltern: „Innigstgeliebte Mutti, innigstgeliebter Vati. Das Urteil wird morgen Früh vollstreckt. Ich konnte nicht anders handeln. Gott hat mir die Kraft gegeben, das alles zu ertragen. Ich habe mich auf den Tod vorbereitet, mich vom Irdischen zu lösen getrachtet, vor allem aber habe ich Haß- und Rachegedanken vollkommen von mir gewiesen. Ich werde mit Gottes Hilfe stark bleiben und wenn es ihm gefällt, wie ein Mann sterben. Viele Busserln und Handküsse Karl“.

Yad Vashem verlieh 1986 an Karl Gröger posthum die Ehrenmedaille der „Gerechten der Völker“.

Aus dem Buch von Mosche Meisels: Die Gerechten Österreichs.